BITV Reloaded – Anforderung 9
Bedingung 9.2: Auch ohne Maus nutzbar (Prio. 1)
Jedes über eine eigene Schnittstelle verfügende Element muss in geräteunabhängiger Weise bedient werden können.«
Was heißt das?
Inhaltlich ist diese Bedingung mit einigen anderen Bedingungen wie 6.4, 8.1 und 9.3 verwandt. In diesen Bedingungen geht es jedoch weitestgehend um die klassische Combo aus HTML, CSS und JavaScript, deren Ausgabe und Bedienung über die Standard-Schnittstellen läuft, die von den jeweiligen Browsern zur Verfügung gestellt werden.
Hier geht es nun um die spezifischen Eigenheiten von Inhalten, die über eigene Schnittstellen mit dem eingesetzten Benutzeragenten und eventuell vorhandenen Hilfsmitteln kommunizieren. Üblicherweise handelt es sich um eingebettete Inhalte und programmierte Objekte. Diese werden nicht nativ durch den Browser dargestellt oder ausgeführt, sondern laufen innerhalb eines Zusatzmoduls (sog. Plug-In wie zum Beispiel Acrobat oder Flash), das dem Browser die Verarbeitung dieses Formats überhaupt erst ermöglicht. Dabei ist unerheblich, ob diese Inhalte innerhalb des ursprünglichen Browserfensters stehen, oder in einer anderen Anwendung geöffnet werden, da dieses Verhalten von den Einstellungen des Nutzers und seiner Software-Ausstattung abhängt.
Diese Formate werden nicht im HTML-Editor, sondern mit zusätzlichen Programmen oder Entwicklungsumgebungen erstellt. Daher verweisen die der BITV zu Grunde liegenden Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) an dieser Stelle zu Recht auf eine weitere Empfehlung des W3C, die Zugänglichkeitsrichtlinien für Autorenwerkzeuge (Authoring Tool Accessibility Guidelines, ATAG. In den ATAG-Richtlinien ist festgelegt, dass diese Programme den Anwender bei der Erstellung barrierefreier Inhalte unterstützen müssen. Hierzu gehört natürlich auch die Sicherstellung der Bedienbarkeit mit alternativen Eingabemethoden.
Hier liegt ein Teil der Verantwortung beim Nutzer und bei den Herstellern der Browser und Hilfsmittel. Die Bereitstellung von zugänglichen Schnittstellen durch den Anbieter nützt nichts, wenn diese durch die verwendeten Hilfsmittel nur unzureichend unterstützt werden, oder wenn ein Nutzer Hilfsmittel oder Browser verwendet, die für seine spezifische Behinderung ungeeignet sind.
Beispiele:
Die Bedingung 9.2 bedeutet auch, dass Features von Webinhalten, die sich aus anderen Bedingungen ergeben, ebenso in in geräteunabhängiger Weise bedienbar sein müssen. Dazu gehört zum Beispiel, dass man ein eingebettes Video ebenso per Tastatur pausieren, stoppen, und vor- bzw. zurückspulen kann, wie dies per Maus möglich ist.
Zur geräteunabhängigen Nutzbarkeit gehört auch, dass der Anwender stets über den aktuellen Fokus informiert wird. Im CSS sollte hierfür zusätzlich zum :hover
-Selektor die :focus
-Pseudoklasse gesetzt werden, um den gleichen visuellen Effekt auch für Tastaturnutzer zu erreichen. Wie Sie dieses Verhalten für die in dieser Bedingung besprochenen Formate erreichen, die über HTML & CSS hinausgehen ist vom jeweils verwendeten Autorenwerkzeug abhängig; eine detaillierte Besprechung sprengt den Rahmen dieser Artikelserie.
Wie können Sie das testen?
Um diese Bedingung testen zu können muss Ihr Browser natürlich mit den entsprechenden Plug-Ins ausgestattet sein und diese müssen aktiviert sein. Abgesehen von dieser Einschränkung läuft der Test an dieser Stelle wie bei allen anderen Bedingungen zur Geräteunabhängigkeit: ziehen Sie den Mausstecker und versuchen Sie, sämtliche Funktionen Ihres Angebots mit der Tastatur zu bedienen. Zu beachten ist dabei lediglich, dass die Tasten zum Auslösen von Aktionen in den verschiedenen Browser unterschiedlich belegt sind, im Zweifelsfall sollten Sie das jeweilige Handbuch konsultieren.